Einst das Dorf der Mühlen
Nach mündlicher Überlieferung von Hermann Winnemuth Tiestr. 18
Aufgeschrieben, Fotos/Repro:: Georg Hoffmann März 2021
Allgemeine Mühlengeschichte
Auf einer Länge von rund 800 m durchläuft der Schedebach das Dorf Bühren.
Bühren wurde einst „das Mühlendorf“ genannt. Aber von dem Erbe, das über Jahrhunderte das Dorf geprägt hat, ist quasi nichts geblieben.
Zwischen 1558 und 1968 trieb die Schede bis zu fünf oberschlächtige Mühlenräder an.
Das waren:
Drei Mahlmühlen, eine Ölmühle und eine Sägemühle.
Um die Mühlen zu betreiben, musste durch die Wasserbauspezialisten das Wasser aquäduktartig über Gräben und Holzrinnen auf das Mühlenrad geleitet werden.
Die Müller besaßen das sogenannte „Wasserrecht“. Sie durften das Wasser der Schede zu ihren Wasserrädern leiten, mussten es aber vollständig wieder in den Bach zurückführen.
Dazu leiteten sie das Wasser vor dem nächsten „Fallkasten“ (Ableiter) wieder dem Bach zu, so dass alles Wasser der nächsten Mühle wieder zur Verfügung stand.
Diese Anhäufung von Mühlen auf so kurzer Strecke ist eine Seltenheit in der niedersächsischen Mühlengeschichte. Es lässt sich daraus schließen, dass die Schede in Verbindung mit einem Teich immer ausreichend Wasser bei gutem Gefälle (3%) führte.
Durch diese große Wasserbaukunst war es möglich, mit dem wenigen Wasser der Schede die Mühlen gleichmäßig mit Wasser zu versorgen.
Auffallend war, dass die Mühlengebäude mit Solling Sandsteinplatten gedeckt waren, zum Teil noch bis 1919.
Die Mühlengebäude und Wohneinrichtungen der Müller ließen erkennen, dass sie gegenüber den Bauern über einen gewissen Wohlstand verfügten.
Auch einen regelmäßigen Besuch am Sonntag im Gasthaus konnten sich einige Müller leisten.
Die Müller im Dorf hatten ihre Stammkunden. Wöchentlich fuhren sie mit Pferd und Wagen zu ihren Bauern und holten das zu mahlende Getreide ab.
Dabei handelte man gleich den Mahllohn aus: köppen oder betoalen. (kürzen oder bezahlen) Köppen bedeutet, es wird entsprechend weniger Mehl zurückgeliefert. Dieses wurde als Lohn einbehalten und vom Müller an die Bäcker verkaüft.
Bei einem Zentner (50 kg) „köppte“ der Müller in den 1930er Jahren um die 5 Pfund (2,5 kg).
Böse Zungen behaupteten, dass die Waagen der Müller etwas anders wogen als die Waagen der Bauern.
Das waren die fünf Mühlen in Bühren
1. Die Rinke Mühle (heute Grund 3)
Das Wasser zum Antreiben des Mühlenrades wurde ab der „Tränke“ aquäduktartig durch hölzerne Rinnen ünd Gräben entlang dem „Schmiedeberg“ geleitet. Die letzte freie Strecke über die „Mühltreppe“ musste noch einmal in einer freihängenden Eichenholzrinne überbrückt werden. Die Rinkesche Getreidemühle besaß einen Schrotgang und über eine Transmission konnte zusätzlich eine Kreissäge zum Schneiden von Brennholz und eine stationäre Dreschmaschine betrieben werden. Die tägliche Mahlleistung lag bei ca. einer Tonne (1000 kg).
Die Mahl- und Schrotmühle Rinke wurde um 1700 erbaut und 1918 und 1947 erneuert. 1954 stellte sie ihren Betrieb ein.
Foto: Schauanlage Neumannmühle e.V.
2. Die Sägemühle (vermutliche Ansicht; heute Unterdorfstraße 13)
Neben dem Betrieb einer Gattersäge gab es auch die Genehmigung für das Betreiben einer Schrotmühle, Kreissäge, Futterscheiders und einer Dreschmaschine.
Bei der Säge handelte es sich um eine traditionelle „Gattersäge“ mit einem Sägeblatt, wobei dieses anders als auf dem Foto in vertikaler Richtüng arbeitete. Um einen Balken zu sägen, musste der Stamm dazu vier Mal umgespannt und über die ganze Länge gesägt werden, wobei die Säge über das Mühlenrad angetrieben wurde. Das Schärfen des Sägeblattes erfolgte vor Ort in einer kleinen Werkstatt.
Die Anlieferung der Baumstämme erfolgte auf der Unterdorfstraße. Das Sägegebäude lag parallel, unterhalb der Straße, sodass die angelieferten Stämme über eine Rampe direkt vor das Gebäude rollen konnten.
Die Sägemühle arbeitete bis 1935 und wurde 1965 abgerissen.
3. Die Schäfer-/ Dettmar Mühle (heute Unterdorfstraße 9)
Die Mahlstube befand sich im linken Teil des Gebäudes, rechts neben dem Scheunentor. Zum Schluss war die Mühle, neben dem historischen Schrotgang, noch mit drei elektrisch betriebenen Walzenstühlen ausgestattet. Das Mühlrad arbeitete auf der rückwärtigen Gebäudeseite.
Als letzte der imposanten Mühlenanlagen stellte 1968 die Schäfer-/Dettmar-Mühle ihren Betrieb ein.
5. Die Ölmühle Fulle (heute Unterdorfstraße 1)
Öl– oder auch Schlagmühle genannt. Hier wurde aus ölhaltigen Körnern, wie Leinen, Raps oder auch Bucheckern hochwertige, lebensnotwendige Öle gewonnen.
Um 1900 befand sich hier auf diesem Gründstück auch eine Molkerei.
Die Mühle war von 1860 bis 1920 in Betrieb.
Als Erinnerung an das einstige Dorf der Mühlen hat Maschinenbaumeister Manfred Fischer diese Anlage im Jahre 2007 in Eigenleistung erstellt. Die Anlage gibt einen wunderbaren Einblick in die Technik von gestern.
Das Wasserrad von Manfred Fischer bildet seit seiner Entstehung eine Station auf dem 2,5 km langen „Kulturpfad Bühren“. Die Anlage auf dem „Mühlenhof“ ist von der Tiestraße und vom Grund zugänglich und kann jeder Zeit besichtigt werden.
Das Wasser für den Nachbau wird über historische Gräben- und Rinnenführungen aquäduktartig auf das Wasserrad geleitet.
Hier gibt es mehr Informationen zum Wasserrad:
Mühlentechnik
Funktionsweise einer „Mahlmühle“ (Schrotmühle)
Das Wasser wird über das Wasserrad geführt und versetzt es durch seine Fließgeschwindigkeit und sein Gewicht in Drehbewegung.
Vom Korn.... ....zum Mehl
Über eine Welle geht die Drehbewegung an das Winkelgetriebe (Kammrad und Stockgetriebe). Von hier aus wird der Läuferstein in Rotation gesetzt. Die Körner werden zwischen dem sich drehenden Läuferstein und dem feststehenden Bodenstein zerkleinert.
Läuferstein Bodenstein
Der Läuferstein hat ein Gewicht von
ca. 1,5 t und hat die typischen Aus-
sparungen für den Antriebszapfen.
Steinbruch für Mühlensteine Arbeiter beim Herstellen eines Mühlensteines
bei Hann. Münden
Die aufwendige Herstellung eines Mühlensteines verdeutlichen die beiden Fotos.
Mühlenmodell-
Funktion einer Mahlmühle
Es klappert die Mühle am rauschenden Bach.
Das typische Geräusch einer Mahlmühle,
erzeugt vom Rüttelschuh am Trichter.
Video- Mitschnitt: Der Bachmüller um 1780
Funktionsweise einer Öl- oder Schlagmühle
Vom Leinsam... ...zum Leinöl
Die Arbeit des Ölschlagens fängt im Kollergang an.
Über das Mühlenrad werden zwei aufrecht stehende Mühlsteine angetrieben. Diese drehen sich in einem Holzbottich auf einem dritten Stein, dem Erdstein sowohl um ihre eigene Achse als auch um eine gemeinsame Mittelachse.
Im nächsten Arbeitsgang erhitzt man das zerquetschte Mahlgut, um das Öl aufzuweichen. In ein Leinentuch (Pressbeutel) gewickelt kommt die erwärmte Masse in die Presspfannen der Schlagmühle.
Hier sind senkrechte Stampfer oder Rammen angebracht, die durch ein Räderwerk mit dem Mühlrad verbunden sind. Diese werden über die Mechanik hochgezogen und mit der Wucht ihres eigenen Gewichtes wieder herunter gestoßen. Nach 50 Schlägen ist die Masse genügend ausgepresst.
Im Pressbeutel verbleibt der "Ölkuchen", der früher als Viehfutter diente.
Um 100 Kg Ölfrucht zu verarbeiten, brauchte man seinerzeit etwa 12 Stunden und erhielt rund 34 Liter Leinöl.
Das zweite gepresste Öl war dann nicht mehr so klar.
Es war billiger als das Erstgepresste und auch nicht solange haltbar.
Lehrfilm: Funktion einer Ölmühle
Funktionsweise einer Sägemühle
Vom Baumstamm zur Holzbohle
Über eine Pleulstange wird die Drehbewegung des oberschlächtigen Mühlenrades in eine Schub- und Zugbewegung auf das Sägegatter weitergeleitet.
Die Sägemühle dient durch aufsägen von Baumstämmen der Herstellung von Balken und Bohlen und Bretter.
Dieses Model und das Video soll die Funktionsweise verdeutlichen.
Funktion einer Sägemühle
Ausschnitte aus: Historische Maschinentechnik: wassergetriebene Sägemühle